Stephan Schindler: Biometrische Videoüberwachung. Zur Zulässigkeit biometrischer Gesichtserkennung in Verbindung mit Videoüberwachung zur Bekämpfung von Straftaten

von Prof. Dr. Anja Schiemann

Beitrag als PDF Version 

2021, Nomos, ISBN: 978-3-8487-7113-4, S. 771, Euro 199,00.

Die Debatte um die Vor- und Nachteile biometrischer Videoüberwachung wird schon seit längerer Zeit geführt, da den Vorteilen bei der Strafverfolgung Nachteile u.a. durch Eingriffe in Grundrechte und datenschutzrechtliche Belange entgegenstehen. In der umfangreichen Dissertation von Schindler werden nun ausführlich die rechtlichen und technischen Anforderungen an den polizeilichen Einsatz von Gesichtserkennung in Verbindung mit Videoüberwachung zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten erläutert. Dazu werden nicht nur die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Anforderungen der deutschen Rechtsordnung, sondern auch europäische und völkerrechtliche Vorgaben in den Blick genommen.

weiterlesen …

Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für den Erlass eines (Sicherungs-)Unterbringungsbefehls bei einer Krisenintervention

Gesetzentwürfe: 

 

Das Land Niedersachsen hat am 16. September 2022 einen Gesetzesantrag für den Erlass eines (Sicherungs-)Unterbringungsbefehls bei einer Krisenintervention in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 403/22)

Die Krisenintervention (§ 67h StGB) ermöglicht eine vorübergehende und für die Dauer von drei Monaten beschränkte erneute Unterbringung des Verurteilten zur stationären Behandlung, wenn eine akute Verschlechterung des Zustands oder ein Suchtmittelrückfall eingetreten ist. Ein Widerruf der zur Bewährung ausgesetzten Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik oder einer Entziehungsanstalt kann so zunächst vermieden werden. Besteht zugleich die Gefahr der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten (Verbrechen oder schwerwiegende Vergehen) durch den Verurteilten, kann das zuständige Gericht die Krisenintervention gem. § 463 Abs. 6 S. 3 StPO zusätzlich für sofort vollziehbar erklären. Es fehlt jedoch an einer Regelung zur Vollstreckung der Anordnung. Im Fall eines beabsichtigten Widerrufs der Bewährungsaussetzung ermöglicht § 453c Abs. 1 StPO den Erlass eines Sicherungshaftbefehls für die Vollstreckung der Freiheitsstrafe. Für die Vollstreckung der Krisenintervention ist jedoch nach aktueller Rechtslage zunächst eine Ladung zum Strafantritt erforderlich. Erst wenn der Verurteilte dieser nicht nachkommt, kann die Vollstreckungsbehörde gemäß § 457 Abs. 2 StPO einen Vorführungs- oder Haftbefehl erlassen, der sodann sofort vollzogen werden kann. Dabei ist das Verfahren zum Erlass eines Vollstreckungshaftbefehls in den Strafvollstreckungsordnungen der Länder unterschiedlich ausgestaltet. 

Der Entwurf Niedersachsens sieht vor, in Anlehnung an § 453c Abs. 1 StPO eine Änderung des § 463 Abs. 6 StPO und Einfügung eines § 463 Abs. 6a StPO zu schaffen: 

„Sind hinreichende Gründe für die Annahme vorhanden, dass eine Krisenintervention gemäß § 67h des Strafgesetzbuches und deren sofortige Vollziehbarkeit gemäß § 463 Abs. 6 S. 3 angeordnet werden, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Beschlusses, um sich der Person des Verurteilten zu versichern, vorläufige Maßnahmen treffen oder unter den Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 oder wenn bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass der Verurteilte erhebliche Straftaten begehen wird, einen Sicherungsunterbringungsbefehl erlassen.“

Damit soll die sofort vollziehbare Krisenintervention besser als bislang auch Eilmaßnahmen bei hochakuten psychischen Störungen gefährlicher Verurteilter und eine zügige Rückführung in die stationäre Therapie ermöglichen. Zudem soll ein konsequenter Gleichlauf der Vollstreckungsregeln zwischen einer Maßregel der Sicherung und Besserung und einer Freiheitsstrafe hergestellt werden. 

Der Gesetzesantrag wurde im Plenum vorgestellt und schließlich im Anschluss zur weiteren Beratung an die Ausschüsse verwiesen. Am 29. November 2022 brachte die Länderkammer den Entwurf in den Bundestag ein (BT Drs. 20/4345). Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme eine grundsätzliche Unterstützung für den Vorschlag eines Vollstreckungsunterbringungsbefehls ohne vorherige vergebliche Ladungsversuche im Falle gerichtlich sofort vollziehbarere Kriseninterventionen ausgedrückt. Insgesamt sei die Zielsetzung des Gesetzentwurfes „gut nachvollziehbar“ und werde auf seinen Umsetzungsbedarf geprüft. Kritisch gesehen wurde jedoch die Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Erlass eines Sicherungsunterbringungsbefehls vor vor der Anordnung einer Krisenintervention. „Die Krisenintervention ist ihrer Natur nach bereits ein Instrument, das darauf angelegt ist, auf temporäre, gefährliche Krisensituationen adäquat und schnellstmöglich reagieren zu können und stellt damit eine Alternative zum Sicherungsunterbringungsbefehl nach § 453c StPO dar. Der Krisenintervention eine weitere vorläufige Maßnahme vorzuschalten, würde ihrer Struktur nicht gerecht“, so die Bundesregierung. 

 

 

 

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Vorschriften zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern COM(2022) 209 final

Gesetzentwürfe: 

 

Die Europäische Kommission hat einen Verordnungsvorschlag zur Festlegung von Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern auf den Weg gebracht. Er soll die aktuell geltende Übergangsverordnung (Verordnung (EU) 2021/1232 vom 14. Juli 2021) ablösen und hat die Harmonisierung des Binnenmarkts durch einheitliche EU-Vorschriften zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern zum Ziel. Im Kern soll es um die Bekämpfung der Verbreitung von bereits bekannten und neuen Missbrauchsdarstellungen, Grooming im digitalen Raum sowie um die Unterstützung Betroffener gehen. 

Am 16. September 2022 beschäftigte sich der Bundesrat mit dem Verordnungsvorschlag und nahm auf Empfehlung der Ausschüsse (BR Drs. 337/1/22) entsprechend Stellung (BR Drs. 337/22(B)). 

 

Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

Hier finden Sie folgende Stellungnahmen: 

Öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss am 17. April 2023: 

 

zum Referentenentwurf des BMJ

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Strafbares Heldentum?

von Prof. Dr. Wolfgang Mitsch 

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Heldentum ist kein Straftatbestand. Dennoch kann ein Verhalten, das man ethisch als „heldenhaft“ bewerten würde, straftatbestandsmäßig sein. Leonidas und seine Mitstreiter waren Helden, obwohl sie vorsätzlich viele Perser getötet haben. Strafbar allerdings ist solches Heldentum nicht, sofern es gerechtfertigt oder wenigstens entschuldigt ist. Eine Tat, die nicht gerechtfertigt oder entschuldigt ist, würde man wahrscheinlich auch nicht „heldenhaft“ nennen. Diese Auszeichnung verdienen vor allem Menschen, die ohne Rücksicht auf eigene Sicherheit viel riskieren, sich selbst in Gefahr begeben oder sogar darin „umkommen“, weil sie jemanden, der in Gefahr ist, retten wollen. Dass ein zusätzliches Risiko einer solchen Aktion die Begründung eigener Strafbarkeit sein könnte, überrascht vielleicht. Jedoch besteht das Risiko des Bestraftwerdens, wenn das Strafrecht falsch angewendet wird. Abstrakt gibt es dieses Risiko immer. Strafrechtsanwendende sind nicht unfehlbar, Strafgesetzgebende auch nicht. Aber das Risiko ist verringerbar. Wo der Gesetzgeber keine oder ausfüllungsbedürftige Normen geschaffen hat, sollte die Strafrechtslehre falschen Strafentscheidungen entgegenwirken, indem sie den Gerichten klare Handlungsanweisungen gibt. Die richtige konkrete Einzelfallentscheidung muss sich idealerweise abstrakt bereits in den strafrechtlichen Regeln abzeichnen. Der Held in spe sollte schon anhand des Gesetzes und seiner Erläuterungen durch die wissenschaftliche Literatur erkennen können, wo seine mutige Selbstaufopferung de lege lata in strafbaren Aktionismus umzuschlagen droht. Das kann ihm gegenwärtig noch nicht garantiert werden. Denn bei den Themen, die Gegenstand dieser Abhandlung sind, existiert noch erheblicher Normsetzungs- und Normerläuterungsbedarf. 

weiterlesen …

Die Strafbarkeit des Upskirting und des Downblousing – Der neue § 184k StGB: Gelungene Reform oder politischer Aktivismus?

von Wiss. Mit. Katharina Sachen 

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Der Beitrag beschäftigt sich mit dem am 1.1.2021 neu eingeführten § 184k StGB und der Fragestellung, inwiefern dieser eine gelungene Reform oder politischen Aktivismus darstellt. Im Einzelnen werden Fragen zu Aspekten der Erforderlichkeit einer solchen Norm beleuchtet, auf etwaige tatbestandliche Mängel abgestellt, die systematische Einordnung der Vorschrift hinterfragt, auf Fragen der Beweisaufnahme und Konsequenzen einer Kriminalisierung eingegangen, sowie verbleibende Strafbarkeitslücken herausgestellt.

weiterlesen …

Künstliche Intelligenz und Kriminalität

von Wiss. Mit. Hauke Bock und Prof. Dr. Katrin Höffler

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Kriminalität ist letztlich eine Spielart menschlichen Verhaltens. Da das menschliche Verhalten von der Implementierung Künstlicher Intelligenz (KI) verändert wird, geschieht dies auch mit diesem besonderen Bereich, der Kriminalität. Während dies für einzelne Phänomene – so z.B. beim automatisierten Fahren – teilweise schon breit auch von den hiesigen Strafrechtswissenschaften aufgegriffen wurde, ist ein grundsätzlicher Blick auf die verschiedenen betroffenen Ebenen (Täter*innen, Taten, Opfer und Verbrechenskontrolle) vor allem in der englischsprachigen Literatur zu finden.[1] Daher soll durch diesen Beitrag eine kriminologische Perspektive, modelliert durch das hiesige Strafrecht als Bezugspunkt, ergänzt werden.

weiterlesen …

Sitzungspolizeiliche Richterfürsten? Rechtsschutzdefizite bei sitzungspolizeilichen Maßnahmen im Strafprozess

von PD Dr. Lars Berster

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Der Beitrag diagnostiziert einen Mangel an Rechtssicherheit und -einheitlichkeit sowie schließungsbedürftige Lücken in der gegenwärtigen Ausgestaltung des Rechtsschutzregimes gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen von Vorsitzenden in der strafprozessrechtlichen Hauptverhandlung gem. § 176 GVG. Insbesondere vor dem Hintergrund des nach neuerem Verständnis auch richterliche Eingriffsakte umfassenden Gebots effektiven Rechtschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG plädiert er für eine klärende Regelung durch den Gesetzgeber.

weiterlesen …

Grenzüberschreitungen – Anmerkungen zu den Tatbestandsvorgaben im Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt

von Prof. Dr. Martin Heger

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Im Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt hat die Kommission auch Vorschläge für Straftaten unterbreitet. Dabei ist die Kompetenzgrundlage in Art. 83 Abs. 1 AEUV aber fraglich, denn der Vorschlag für Vergewaltigung zielt nicht auf grenzüberschreitende Kriminalität und die Vorgaben zu Cybercrime Delikten sind angesichts der dafür vorgesehenen Mindesthöchststrafe keine schwere Kriminalität. Daher werden mögliche Reaktionen auf der Ebene der EU wie der Mitgliedstaaten erörtert. Schließlich wird der Umsetzungsbedarf der Vorgaben in Deutschland analysiert.

weiterlesen …

Die Grenzen der Verantwortung des Compliance-Officers vor dem Hintergrund der Rolle der Geschäftsleitung – Rechtlicher Ansatz in Argentinien

von RAin Dorothea Garff

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Sowohl in nationalen als auch in internationalen Unternehmen nimmt die Zahl der Compliance Officer zu. Die Ausübung dieser Tätigkeit ist herausfordernd, da den Compliance Officer eine Reihe von Pflichten und Haftungstatbeständen treffen. Der Beitrag analysiert zunächst die Figur des Compliance Officers und seine Rolle in der argentinischen Gesetzgebung. Sodann werden die Pflichten dargestellt, die Compliance Officer derzeit im argentinischen Recht treffen. Bei der Konturierung dieser Pflichten ist die Rolle Geschäftsleitung von wichtiger Bedeutung. Der Beitrag nimmt dabei die Position ein, dass die Regeln des argentinischen Gesellschaftsrechts eine strafrechtliche Garantenstellung des Compliance Officers begründen könnten. Weiterhin werden die in Argentinien wichtige Unabhängigkeit der Compliance-Funktion hervorgehoben sowie Sonderfälle der Haftung des Compliance Officers dargestellt. Abschließend wird im Hinblick auf die Ausgestaltung der Rolle des Compliance Officers auf bewährte Praktiken in Management und Governance eingegangen.

weiterlesen …

Unsere Webseite verwendet sog. Cookies. Durch die weitere Verwendung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Informationen zum Datenschutz

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen.
Wenn Sie diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwenden oder auf "Akzeptieren" klicken, erklären Sie sich damit einverstanden.

Weitere Informationen zum Datenschutz entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung. Hier können Sie der Verwendung von Cookies auch widersprechen.

Schließen