Gesetzesantrag zur Strafbarkeit des Werbens für terroristische Straftaten

Gesetzentwürfe: 

Das Land NRW hat einen Gesetzesantrag (BR Drs. 421/19) in den Bundesrat eingebracht, mit dem ein neuer Straftatbestand hinsichtlich des Werbens für terroristische Straftaten in das StGB eingeführt werden soll. 

Die neuen technischen Rahmenbedingungen haben dazu geführt, dass terroristische Propaganda zu einer wachsenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geworden ist.  Vor allem im Internet wird auf professionell gestalteten Informationsplattformen ein erster Zugang zu extremistischem Gedankengut geboten. Ein weitergehender Austausch zu den Themen erfolgt über Chats und Foren. Nicht selten werden auch Propagandavideos über das Netz verbreitet. Dabei stellt die Einwirkung über das Internet insbesondere für junge Einzeltäter einen bedeutsamen Risikofaktor für Radikalisierungsprozesse dar. Dies gilt ebenso für anderweitige Extremismen. Insbesondere der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vom 2. Juni 2019 zeige, dass auch eine Bedrohung durch rechtsextremistisches Gedankengut vor staatlichen Institutionen nicht halt mache. 

Nach derzeitiger Rechtslage sei aufgrund eines fehlenden Organisationsbezugs der Straftatbestand des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung  nach § 129a Abs. 5 S. 2 StGB vielfach nicht einschlägig. Ebenso scheitert mangels einer Konkretisierung der Tat häufig eine Strafbarkeit auf Grundlage des § 111 StGB – Öffentliche Aufforderung zu Straftaten. Da extremistische Propaganda meist keine Anleitung zu Straftaten (§§ 91 oder 130a StGB) oder eine Schilderung grausamer oder sonst unmenschlicher Gewalttätigkeiten (§ 131 StGB) enthalte, bestehe hier eine Strafbarkeitslücke. Diese galt es nach Art. 5 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung durch die Einführung einer Strafbarkeit des Befürwortens terroristischer Straftaten bereits bis zum 8. September 2018 zu schließen. Die Einführung eines § 91a StGB – Werben für terroristische Straftaten – soll damit den Regelungsauftrag erfüllen. Der bisherige § 91a StGB wird demnach zu § 91b StGB. 

§ 91a Werben für terroristische Straftaten 

(1) Wer eine Schrift (§ 11 Absatz 3), die eine Befürwortung oder Verharmlosung einer der in § 129a Absatz 1 oder 2 bezeichneten rechtswidrigen Taten enthält und nach ihrem Inhalt bestimmt sowie nach den Umständen geeignet ist, die Bereitschaft anderer zur Begehung solcher Taten zu fördern oder zu wecken, verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht und sich dadurch absichtlich oder wissentlich für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 

(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung eine der in § 129a Absatz 1 oder 2 bezeichneten rechtswidrigen Taten befürwortet oder verharmlost, um die Bereitschaft anderer zur Begehung solcher Taten zu fördern oder zu wecken, und sich dadurch absichtlich oder wissentlich für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt. 

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Tat im Ausland begangen wird. Wird sie außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder sich die Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze richten.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird das Zugänglichmachen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn weder das Zugänglichmachen durch einen Deutschen erfolgt noch sich die Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland noch gegen Verfassungsgrundsätze richten.“

Die Ausschüsse des Bundesrates haben am 27. September bereits ihre Empfehlung (BR Drs. 421/1/19) ausgesprochen, den Gesetzentwurf in den Bundesrat einzubringen. Das Plenum sollte hierüber am 11. Oktober 2019 entscheiden, die Abstimmung wurde aber kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt. 

 

Gesetz zur Durchführung der Eurojust-Verordnung

Das Gesetz zur Durchführung der Eurojust-Verordnung vom 9. Dezember 2019: BGBl I 2019, S. 2010 ff.

Gesetzentwürfe: 

 

Der Gesetzentwurf setzt die Verordnung (EU) 2018/1727 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 betreffend die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) und zur Ersetzung und Aufhebung des Beschlusses 2002/187/JI des Rates (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 138 – Eurojust-Verordnung) um. Darauf aufbauend sind ebenso Änderungen im  Eurojust-Gesetz (EJG) notwendig. 

Am 24. Oktober 2019 hat der Bundestag aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (BT Drs. 19/14106) den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf unverändert angenommen. 

Das Gesetz zur Durchführung der Eurojust-Verordnung (BGBl I 2019, S. 2010 ff.) wurde am 11. Dezember 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am 12. Dezember 2019 in Kraft. Gleichzeitig traten die Verordnung über die Rechtspersönlichkeit von Eurojust, sowie die Vorrechte und Immunitäten der Bediensteten vom 7. Juli 2003 und das Eurojust-Gesetz vom 12. Mai 2004, das zuletzt am 20. November 2019 geändert worden ist, außer Kraft. 

 

 

 

 

Gesetzesantrag zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von im politischen Leben des Volkes stehenden Personen

Gesetzentwürfe: 

 

Das Land Rheinland-Pfalz hat am 9. September 2019 einen Gesetzesantrag zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von im politischen Leben des Volkes stehenden Personen (BR Drs. 418/19) in den Bundesrat eingebracht. Gerade Politiker, die im öffentlichen Leben stehen, seien strafrechtlich besonders vor beleidigenden und bedrohenden Äußerungen in sozialen Netzwerken zu schützen. Bislang seien nach h.M. in Rspr. und Literatur durch § 188 StGB (Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens) nur Mitglieder der Bundes- und Landesregierungen, Mitglieder des Bundestages, die Abgeordneten Deutschlands im europäischen Parlament sowie Spitzenfunktionäre politischer Parteien erfasst und Politiker auf kommunaler Ebene gerade nicht. Ihnen komme nur ein begrenzter Einfluss auf das politische Leben im Gesamtstaat zu. Dem Land Rheinland-Pfalz erscheint diese Sichtweise anlässlich des beträchtlichen Fortschritts auf dem Gebiet der Kommunikation, insbes. auf Äußerungsplattformen im Internet und in den sozialen Medien, realitätsfern. Vielmehr seien es gerade die auf kommunalpolitischer Ebene tätigen Personen, die eine Internethetzte oftmals besonders stark treffe. 

2017 haben sich bereits die Justizminister im Rahmen ihrer Frühjahrskonferenz dafür ausgesprochen, die Ehrverletzungsdelikte (§§ 185 ff. StGB) mit Blick auf die Besonderheiten einer Tatbegehung im Internet auf einen Anpassungsbedarf zu überprüfen. 

Der Gesetzentwurf sieht vor, § 188 StGB dahingehend zu ergänzen, dass auch auf kommunaler Ebene tätige Politiker vor üblen Nachreden und Verleumdungen geschützt werden. Im gleichen Zuge soll das Strafantragserfordernis des § 194 StGB gelockert werden. Der Tatbestand des § 241 StGB soll eine Strafrahmenerhöhung auf drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe erfahren, wenn die Tat öffentlich oder durch das Verbreiten von Schriften begangen wird. Für den Fall, dass sich die Bedrohung auf eine in § 188 StGB genannte Person bezieht, ist der erhöhte Strafrahmen des § 188 Abs. 1 StGB vorgesehen. 

In seiner Plenarsitzung am 29. November 2019 beschloss der Bundesrat, den Gesetzentwurf an die Bundesregierung weiterzuleiten. Am 8. Januar 2020 brachte er einen entsprechenden Gesetzentwurf (BT Drs. 19/16401) in den Bundestag ein.

Bezüglich der Änderungen der §§ 188 und 241 StGB gab es bereits einen Vorstoß des BMJV, das am 19. Dezember 2019 einen entsprechenden Referentenentwurf auf den Weg brachte. Der Entwurf nimmt auf die Länderinitiative Bezug, sieht aber in dem vorgeschlagenen Weg eine bessere Umsetzung der Ziele. Nähere Informationen dazu finden Sie hier

 

 

 

 

 

 

Modernisierung des Schriftenbegriffs und anderer Begriffe sowie Erweiterung der Strafbarkeit nach den §§ 86, 86a, 111 und 130 des Strafgesetzbuches bei Handlungen im Ausland

Sechzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Modernisierung des Schriftenbegriffs und anderer Begriffe sowie Erweiterung der Strafbarkeit nach den §§ 86, 86a, 111 und 130 des Strafgesetzbuches bei Handlungen im Ausland vom 30. November 2020: BGBl. I 2020, S. 2600 ff. 

 

Gesetzentwürfe: 

 

Am 4. September 2019 hat das BMJV einen Referentenentwurf zur Modernisierung des Schriftenbegriffs und anderer Begriffe sowie Erweiterung der Strafbarkeit nach den §§ 86, 86a, 111 und 130 des Strafgesetzbuches bei Handlungen im Ausland vorgelegt. 

Der Begriff der „Schriften“ (§ 11 Abs. 3 StGB), werde der heutigen Lebenswirklichkeit bei den entsprechenden Tatbegehungsformen nicht mehr gerecht, da die Verbreitung strafbarer Inhalte nunmehr durch moderne Informations- und Kommunikationstechnik erfolge. Insbesondere sei es dadurch nicht mehr erforderlich, dass bei Übertragungen von Inhalten eine Speicherung beim Empfänger stattfindet. Aufgrund dessen wurden bereits mit den Änderungen des Neunundvierzigsten Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10 – 49. StrÄndG) im Bereich der Pornographiedelikte (§§ 184 ff. StGB) und der Volksverhetzung (§ 130 StGB) Spezialregelungen eingefügt. Dort bereite jedoch der verwendete Begriff der „Telemedien“ Auslegungsschwierigkeiten. In den Schriftenverbreitungstatbeständen des Ersten Abschnitts des Besonderen Teils des StGB, seien solche Sonderregelungen zur Erfassung moderner Kommunikationstechnik zudem entweder gar nicht oder nur in Einzelansätzen vorhanden. 

Der Referentenentwurf sieht daher vor, den Schriftenbegriff des § 11 Absatz 3 StGB zu einem „Inhaltsbegriff“ werden zu lassen, indem nicht mehr auf das Trägermedium, sondern auf den Oberbegriff des Inhalts abgestellt wird. Der Begriff der Schriften aus § 11 Abs. 3 StGB soll als Untergruppe des neuen Oberbegriffs erhalten bleiben, damit auch das Verbreiten oder Zugänglichmachen entsprechender verkörperter Inhalte erfasst wirf. Die sog. Schriftendelikte werden damit zu „Inhaltsdelikten“, die alle technischen Methoden der Informationsübertragung erfassen. 

Um von der technischen Entwicklung fortan unabhängig zu sein, sollen einige Regelungen „vor die Klammer gezogen“ werden: 

    • „Alle – zukünftigen – Inhaltsdelikte sollen grundsätzlich auch die Übertragung von strafbaren Inhalten in Echtzeit erfassen (wie dies derzeit vor allem schon bei den Pornographietatbeständen und der Volksverhetzung der Fall ist); dies soll auch für die Liveübertragung des gesprochenen Wortes, insbesondere mittels IP-Telefonie, gelten. 
    • Indem nicht mehr (allein) auf den Datenträger abgestellt wird, verliert die Frage an Bedeutung, ob und wie der Inhalt beim Empfänger abgespeichert werden muss, um eine Verbreitung zu bejahen. 
    • Die Abgrenzungsprobleme, die der in Spezialvorschriften des StGB (zum Beispiel § 184d) verwendete Begriff „Telemedien“ verursacht, sollen beseitigt werden. Insbesondere soll es keine Rolle mehr spielen, ob eine bestimmte Übertragungsform (namentlich Instant-Messaging-Dienste wie zum Beispiel „WhatsApp“ oder E-Mail-Dienste wie zum Beispiel „Gmail“) zu den Telekommunikationsdiensten oder telekommunikationsgestützten Diensten zählen, die nach § 1 Absatz 1 des Telemediengesetzes vom Begriff der „Telemedien“ ausgeschlossen sind; auch die Abgrenzung zwischen „Telemedien“ und „Rundfunk“ soll entfallen und beide Übertragungswege sollen einheitlich behandelt werden.“

Alle Tatbestände, die bislang auf den Schriftenbegriff verwiesen, sollen an den „Inhaltsbegriff“ angepasst werden. Da dies gerade im Pornographiestrafrecht mehrere Änderungen erfordere, soll dies ebenso dazu genutzt werden Korrekturen an den Tatbeständen vorzunehmen, die bereits von der Reformkommission zum Sexualstrafrecht empfohlen wurden.

 

In einem weiteren Teil sieht der Referentenentwurf vor, die Begriffe des „Schwachsinns“ und der „Abartigkeit“ in § 20 StGB und § 12 Abs. 2 OWiG durch die Begriffe der „Intelligenzminderung“ und „Störung“ zu ersetzen. Eine inhaltliche Änderung sei damit jedoch nicht verbunden. 

Des Weiteren seien aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung des BGH die vom Ausland ausgehenden Handlungen im Bereich der §§ 86, 86a und 130 StGB nicht mehr angemessen erfasst. Gleiches gelte ebenso für § 111 StGB. Anlehnend an die Systematik der §§ 89a bis 89c StGB soll ein jeweils gesonderter Absatz in die Tatbestände eingefügt werden, der die Strafbarkeit unter bestimmten Voraussetzungen auf die im Ausland begangene Handlungen erstreckt.

    • „Bei den §§ 86, 86a und 130 StGB-E muss das „Verbreiten“ zu einer „im Inland wahrnehmbaren“ Verbreitung führen, ein „der Öffentlichkeit Zugänglichmachen“ muss gegenüber der „inländischen“ Öffentlichkeit erfolgen und bei § 111 StGB-E muss die Aufforderung – die sich auf eine im Inland zu begehende Tat bezieht – „im Inland wahrnehmbar“ sein. 
    • Bei § 130 StGB-E muss die Tat zudem geeignet sein, den inländischen öffentlichen Frieden zu stören.“

Am 11. März 2020 hat die Bundesregierung den vom BMJV vorgelegten Entwurf beschlossen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: „Unsere Rechtsordnung darf niemanden diskriminieren. Das muss auch in der Wortwahl der Gesetze zum Ausdruck kommen. Überkommene herabsetzende Begriffe wie ‚Schwachsinn‘ und ‚Abartigkeit‘, die es in der Fachwelt längst nicht mehr gibt, haben auch im Strafgesetzbuch nichts zu suchen. Sie sollen durch neutrale Begriffe ersetzt werden. Zudem ändern wir mit diesem Gesetzentwurf durchgängig den veralteten Begriff der ‚Schriften‘ so, dass alle Methoden der Inhaltsübertragung erfasst werden, also auch auf elektronischem Weg.“

Der Bundestag debattierte erstmals am 18. Juni 2020 über den Entwurf. Er wurde im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen. Dieser nahm den geänderten Regierungsentwurf am 7. Oktober 2020 mit den Stimmen der Koalition, Linken und Grünen und gegen die Stimmen der AfD unter Enthaltung der FDP an. 

Der Bundestag stimmte schließlich in seiner Sitzung am 8. Oktober 2020 auf Grundlage der Beschlussempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (BT Drs. 19/23179) für den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf. Der Bundesrat befasste sich am 6. November 2020 abschließend mit dem Regierungsentwurf. Obwohl die in der Stellungnahme ausgesprochenen Empfehlungen nicht berücksichtigt wurden, verzichtete er auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses. 

Das sechzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Modernisierung des Schriftenbegriffs und anderer Begriffe sowie Erweiterung der Strafbarkeit nach den §§ 86, 86a, 111 und 130 des Strafgesetzbuches bei Handlungen im Ausland vom 30. November 2020 (BGBl. I 2020, S. 2600 ff.) wurde am 3. Dezember 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.

 

 

 

Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes

Gesetz zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes vom 30. März 2021: BGBl. I 2021, S. 402 ff. 

Gesetzentwürfe

 

Am 8. August 2019 brachte die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes (BT Drs. 19/12088) in den Bundestag ein. 

Grund hierfür ist das Urteil des BVerfG vom 20. April 2016 (BVerfGE 141, 220) sowie die Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).

Das BVerfG hat in seinem Urteil das BKAG in seiner Fassung vom 25. Dezember 2008 teilweise für verfassungswidrig erklärt und im gleichen Zuge einige Anforderungen an die Nutzung und Übermittlung  staatlich erhobener Daten gestellt. Insbesondere die Grundsätze der Zweckbindung und Zweckänderung seien für die Nutzung und Erhebung der Daten zu beachten. Die Erhebung personenbezogener Daten, die aus eingriffsintensiven Maßnahmen resultieren, sei grundsätzlich zum Zweck des zugrundeliegenden Ermittlungsverfahrens möglich. Eine weitergehende Nutzung sei im Rahmen der ursprünglichen Zwecke dieser Daten erlaubt, jedoch nur dann, wenn dieselbe Behörde im Rahmen desselben Aufgabenkreises die Daten zum Schutz derselben Rechtsgüter und zur Verfolgung oder Verhütung derselben Straftaten einsetze. Eine darüber hinausgehende Nutzung sei nur im Rahmen einer Zweckänderung möglich, die sich an den Verhältnismäßigkeitsanforderungen für eine solche Zweckänderung zu orientieren habe. Sie müsse demnach dem Schutz von Rechtsgütern oder der Aufdeckung von Straftaten dienen, die eine verfassungsrechtliche Neuerhebung mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln rechtfertigen würde. Dieses Schutzniveau der Daten dürfe auch durch eine Übermittlung personenbezogener Daten von deutschen Behörden an Drittstaaten oder durch eine Entgegennahme rechtswidrig erlangter Daten nicht ausgehöhlt werden. 

Die Richtlinie (EU) 2016/680 war bis zum 25. Mai 2018 in nationales Recht umzusetzen. Sie verfolgt das Ziel, den Datenschutz im Rahmen der Tätigkeit der Strafverfolgung- und Gefahrenabwehrbehörden zu vereinheitlichen und gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten sicherzustellen. Des Weiteren soll der unionsweite Informationsaustausch verbessert werden. 

All diese Grundsätze sollen nun durch eine konstitutive Neufassung des Zollfahndungsdienstgesetzes umgesetzt und erforderliche Regelungen aufgenommen werden. 

Vorgesehen ist u.a.: 

  • die Schaffung der Möglichkeit zum Einsatz Verdeckter Ermittler
  • die Befugnis zur Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und Telekommunikationsendgeräten, bspw. durch IMSI-Catcher oder WLAN-Catcher im Rahmen der Gefahrenabwehr 
  • die Erweiterung der Auskunftspflichten von Betroffenen und Dritten

Am 25. November 2019 fand im Finanzausschuss eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Der Regierungsentwurf erntete Lob aus den Reihen der Zollverwaltung, während die Datenschützer und Anwälte den Entwurf durchaus kritisch sahen.

Das Zollkriminalamt hob hervor, dass insgesamt ein modernes Gesetz vorliege, das „sich folgerichtig in die aktuelle Gesetzgebung für Sicherheitsbehörden und die Strafverfolgung“ einpasse. Insbesondere wurde der geplante Einsatz Verdeckter Ermittler hervorgehoben, da es aufgrund des Täterverhaltens schon lange erforderlich geworden sei, eine Mischung unterschiedlichster Methoden und Ansätze für die Informationsgewinnung einzusetzen. Der Deutsche Anwaltverein sieht genau darin jedoch eine Erweiterung grundrechtsintensiver Eingriffe und stellte die Frage, warum überhaupt Verdeckte Ermittler zum Einsatz kommen müssten. Die Zollgewerkschaft lobte die präventiven Möglichkeiten bei der Post- und Telekommunikationsüberwachung. Marius Kühne, kritisierte hingegen als Zollbeamter den Umfang der geplanten Neustrukturierung, die eine Verdoppelung der Paragrafenzahl mit sich bringe. Damit werde für die Kollegen die Abfrage in Datenbanken zu kompliziert. Prof. Dr. Klaus Gärditz und Prof. Dr. Kurt Graulich sprachen von einem gelungenen Entwurf, der sich an den Leitsätzen des BVerfG orientiere.

Kritik übte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit an der Begründung der Erforderlichkeit des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern. Eine reine Nützlichkeit sei seiner Ansicht nach hierfür nicht ausreichend. Außerdem bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Bestandsdatenauskunft, da der Entwurf eine permanente Erhebung und weitere Verwendung der Daten sowie die Zuordnung von Internetprotokoll-Adressen vorsehe. 

Die Bezirksgruppe Zoll der Gewerkschaft der Polizei legte in der Anhörung einen eigenen Gesetzentwurf vor. Ihrer Ansicht nach sollte das Zollkriminalamt als eigene Behörde geführt werden. Außerdem sollte der Zollfahndungsdienst auch materiell-rechtlich als Polizei angesehen werden. Des Weiteren sieht der Entwurf der Gewerkschaft die gleichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen vor wie der Regierungsentwurf. 

Aufgrund des enormen Umfangs der komplexen Änderungsvorschläge sprach Prof. Dr. Hartmut Aden die Empfehlung aus, den Gesetzentwurf aufgrund seiner vielen Defizite zurückzuziehen und das Gesetzgebungsverfahren erneut zu starten. 

Am 18. Dezember 2019 hat der Finanzausschuss dem Regierungsentwurf mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen zugestimmt. 

Am 19. Dezember 2019 hat der Bundestag den Entwurf in der geänderten Ausschussfassung (BT Drs. 19/16116) angenommen.

Am 26. März 2021 hat der Bundesrat dem Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft zugestimmt. Nur wenige Stunden zuvor hatte auch der Bundestag aufgrund der Empfehlung des Vermittlungsausschusses (BT Drs. 19/27900) den Entwurf verabschiedet. Der Bundespräsident hatte das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität sowie das Gesetz zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstes so lange nicht ausgefertigt. Beide Entwürfe wurden nun ebenfalls an die Vorgaben des BVerfG angepasst. 

Am 1. April 2021 wurde das Gesetz zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I 2021, S. 402 ff.). Es tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. 

 

 

 

 

Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie

Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 12. Dezember 2019: BGBl I 2019, S. 2602 ff. 

Gesetzentwürfe: 

 

Das Bundeskabinett hat am 31. Juli 2019 einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie auf den Weg gebracht. 

Der Entwurf sieht vor, die Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission zu ändern. Dies wurde bereits mit der Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 festgehalten, die bis zum 10. Januar 2020 umzusetzen ist. 

In den Fokus der Änderungen rückten vor allem Themen, die durch die terroristischen Anschläge in Paris und Brüssel oder die „Panama Papiers“ Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auch im Immobilienbereich sollen geldwäscherechtliche Pflichten erweitert werden. 

Konkret sieht der Entwurf 

  • „die Erweiterung des geldwäscherechtlichen Verpflichtetenkreises, insbesondere im Bereich virtueller Währungen,

  • die Vereinheitlichung der verstärkten Sorgfaltspflichten bei Hochrisikoländern,

  • die Konkretisierung des Personenkreises „politisch exponierte Personen“ durch Listen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission zu Funktionen bzw. Ämtern,

  • den öffentlichen Zugang zum elektronischen Transparenzregister sowie die Vernetzung der europäischen Transparenzregisters“ 

vor. 

Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten, der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss haben dem Bundesrat empfohlen, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen (BR Drs. 352/1/19). 

Am 18. Oktober 2019 wurde der Regierungsentwurf „zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie“ erstmals im Bundestag vorgestellt und im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Finanzausschuss überwiesen. 

Dort war der Regierungsentwurf (BT Drs. 19/13827) am 6. November 2019 gemeinsam mit dem Antrag der FDP zum Masterplan gegen Geldwäsche (nähere Informationen finden Sie hier) und dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Geldwäsche im Immobiliensektor (BT Drs. 19/10218) Thema einer öffentlichen Anhörung. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier

Die Vertreter der Prepaid-Anbieter und Goldhändler haben sich gegen die von der Bundesregierung beabsichtigte Identifizierungspflicht ausgesprochen. Die Fachvereinigung Edelmetalle zweifelte daran, ob insbesondere Gold für die Geldwäsche genutzt werde. Die registrierten Käufer seien zudem meist Kleinanleger oder Verkäufer, die sich ohnehin bei den Händlern identifizieren müssten. Im vergangenen Jahr seien von allen Verdachtsmeldungen an die FIU lediglich 0,3 Prozent Fälle mit Bezug zu Edelmetallen registriert worden. Die Spitzenvereinigung der Bankenverbände sprach sich dafür aus, die Mitarbeiter der Unternehmen, die nach dem Geldwäschegesetz verpflichtet sind, von „existenzgefährdenden Bußgelddrohungen zu befreien“, um das inzwischen nicht mehr akzeptable Sanktionsrisiko von ihnen abzuwenden. Dies erleichtere es zudem den Unternehmen, qualifizierte Mitarbeiter für den Bereich der Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu gewinnen. 

Mehrere Sachverständige betonten das Problem der Geldwäsche im Immobiliensektor. Die StA Berlin sprach insbesondere von Ermittlungsschwierigkeiten bei „Share Deals“. Dabei habe man es hauptsächlich mit Gesellschaften aus dem Ausland zu tun, so dass das Problem sich nicht auf nationaler Ebene lösen lasse. 

Die Bundesnotarkammer geht bei den geplanten Neuregelungen von einer gesteigerten Abschreckungswirkung und von einer Steigerung der Meldungen durch die Notare aus. Die BDZ wies hingegen darauf hin, dass das Meldeaufkommen der rechtsberatenden Berufe sehr gering sein werde, da sich diese aller Voraussicht nach auf ihre Verschwiegenheitspflicht berufen werden. Ein solches Defizit sei nicht hinnehmbar. 

Insgesamt beklagte der BDK das Fehlen einer Gesamtstrategie gegen Geldwäsche. Die Ermittlungsbehörden seien angesichts der Vielzahl an Verfahren ohnehin bereits am Limit. Darum forderte Prof. Dr. Kai Bussmann die Ergreifung weiterer Präventionsmaßnahmen. 

Am 13. November 2019 hat der Rechtsausschuss den Regierungsentwurf mit Verschärfung im Bereich der Immobilientransaktionen beschlossen. Unter anderem soll es Einschränkungen bei der Verschwiegenheitspflicht der freien Berufe geben, wie es die Sachverständigen in der Anhörung bereits forderten. Ebenso soll es eine stärkere Regulierung bei Bargeldgeschäften geben. Die Oppositionsfraktionen brachten zahlreiche Änderungen ein, die jedoch keine Mehrheit fanden. Der von der Fraktion Die Linke eingebrachte Masterplan gegen Geldwäsche (BT Drs. 19/11098) wurde abgelehnt. 

Am 14. November 2019 hat der Bundestag den Entwurf der Bundesregierung in der geänderten Fassung des Finanzausschusses (BT Drs. 19/15163) in 2. und 3. Lesung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen. Die AfD stimmte gegen den Entwurf, während sich die Grünen, die Linken und die FDP sich enthielten. 

In seiner Plenarsitzung am 29. November 2019 hat auch der Bundesrat des beschlossenen Regelungen zugestimmt. Es wurde am 19. Dezember 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl I 2019, S. 2602 ff.) und tritt überwiegend am 1. Januar 2020 in Kraft. Die Änderungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (art. 18) treten bereits am 20. Dezember 2019 in Kraft. 

 

 

 

 

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug, BGBl. I 2019, Nr. 23 S. 844 ff. 

Gesetzentwürfe: 

 

Am 5. Juli 2017 wurde die Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (ABl. L 198 vom 28.7.2017, S. 29; L 350 vom 29.12.2017, S. 50) verabschiedet und trat am 17. August 2017 in Kraft. Sie definiert Straftatbestände und regelt die Strafen zur Bekämpfung von Betrug und sonstige rechtswidrigen Handlungen gegen die finanziellen Unionsinteressen und steht im Zusammenhang mit der Richtlinie zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (Abs. L 283 v. 31. Oktober 2017). Diese soll in Zukunft für die Verfolgung solcher Straftaten zuständig sein. Die Richtlinie ist bis zum 6. Juli 2019 in nationales Recht umzusetzen. 

Der Regierungsentwurf sieht daher vor, das nationale Recht anzupassen. Hierzu sind mehrere Schritte vorgesehen. Artikel 1 des Entwurfes sieht die Schaffung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der finanziellen Interessen der Europäischen Union (EU-Finanzschutzstärkungsgesetz – EUFinSchStG) vor, das „die Straftatbestände der missbräuchlichen Verwendung von Mitteln der Europäischen Union (§ 1) und der rechtswidrigen Verminderung von Einnahmen der Europäischen Union (§ 2) sowie Ergänzungen des Korruptionsstrafrechts (§ 3)“ regelt. Des Weiteren wird das Korruptionsstrafrecht sowie der Straftatbestand des Subventionsbetruges im StGB angepasst (Artikel 2). 

Das Gesetz wurde am 27. Juni 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es trat am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

 

 

 

Masterplan gegen Geldwäsche – Finanzkriminalität bekämpfen

Gesetzentwürfe: 

 

Die Fraktion Die Linke hat am 1. Juli 2019 einen Antrag zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/11098). Deutschland sei ein Paradies für Geldwäsche und gehöre zu den Top 10 der „weltweiten Schattenfinanzplätze“. Nach einer Schätzung der „Dunkelfeldstudie für den Umfang der Geldwäsche in Deutschland und über die Geldwäscherisiken in einzelnen Wirtschaftssektoren„, beträgt das Geldwäsche-Volumen in Deutschland jährlich 100 Mrd. Euro. Darüber hinaus habe Deutschland bis zum Jahr 2020 die Fünfte Anti-Geldwäsche-Richtlinie (AMLD5) der EU in nationales Recht umzusetzen. Darum fordert die Fraktion, nun mit einem Masterplan gegen Geldwäsche vorzugehen. Sie fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen der Umsetzung der Fünften Anti-Geldwäsche-Richtlinie in Zusammenarbeit mit den Bundesländern einen Gesetzentwurf vorzulegen. Dieser soll sicherstellen, dass

  • die Geldwäsche hinreichend erfasst wird, 
  • Eigentumsstrukturen aufgedeckt werden (z.B. durch öffentliche Register der wirtschaftlich Berechtigten von Immobilien),
  • die  Geldwäsche-Aufsicht gestärkt wird,
  • die FIU funktionsfähiger wird und
  • eine Waffengleichheit der Strafverfolgung bei Geldwäsche und Steuerhinterziehung hergestellt wird. 

Am 13. November 2019 shat der Rechtsausschuss über den Regierungsentwurf zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie abgestimmt und nahm den Entwurf  mit Verschärfungen im Bereich der Immobilientransaktionen an. Der eingebrachte Antrag Masterplan gegen Geldwäsche (BT Drs. 19/11098) wurde abgelehnt. 

 

 

Gesetzentwurf für strafrechtlichen Schutz bei Verunglimpfung der Europäischen Union und ihrer Symbole

Achtundfünfzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafrechtlicher Schutz bei Verunglimpfung der Europäischen Union und ihrer Symbole vom 12. Juni 2020: BGBl I 2020 Nr. 28, S. 1247

Gesetzentwürfe: 

 

Der Freistaat Sachsen hat einen Gesetzesantrag zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafrechtlicher Schutz bei Verunglimpfung der Europäischen Union und ihrer Symbole (BR Drs. 285/19) in den Bundesrat eingebracht. 

Die Symbole der Europäischen Union sind nach der Ansicht Sachsens derzeit nicht ausreichend über das materielle Strafrecht geschützt. Daher bestehe insbesondere mit Blick auf die besondere Bedeutung der Union für die Bundesrepublik für den Gesetzgeber Handlungsbedarf. 

§ 104 StGB sieht einen Schutz der Symbole von ausländischen Staaten wie Flaggen und Hoheitszeichen vor. Hierunter ist jedoch nicht die Flagge der Europäischen Union zu subsumieren. Auch § 90a Abs. 2 StGB, der eine parallele Regelung für Symbole der Bundesrepublik und ihrer Länder vorsieht, schließt sie nicht ein. Flaggen im Sinne von § 90a StGB sind ausschließlich solche der Anordnung über die deutschen Flaggen 1996 (FlaggAnO).

Sachsen schlägt daher vor, einen § 90c StGB einzuführen, der die Verunglimpfung der Flagge und Hymne der Europäischen Union unter Strafe stellt. Der Strafrahmen soll sich dabei an § 90a StGB orientieren.

Der Vorschlag basiert auf den Geschehnissen während der rechten Aufmärsche im Zusammenhang mit den Europa-Wahlen im Mai 2019. Hier wurden u.a. EU-Flaggen zertrampelt und an einen Galgen gehängt. 

Der Gesetzesantrag stand am 28. Juni 2019 auf der Tagesordnung des Bundesrates. Nach seiner Vorstellung wurde er zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Diese empfahlen dem Bundesrat am 10. September 2019 den Antrag in den Bundestag einzubringen (BR Drs. 285/1/19). In seiner Plenarsitzung am 20. September 2019 hat der Bundesrat schließlich den Gesetzentwurf des Freistaates Sachsen beschlossen. Er wird nun durch Bundesregierung an den Bundestag übermittelt, der selbst darüber entscheidet, ob er den Vorschlag des Bundesrates aufgreift. 

Am 23. Oktober 2019 wurde der Gesetzentwurf des Bundesrates für einen strafrechtlichen Schutz bei Verunglimpfung der Europäischen Union und ihrer Symbole (BT Drs. 19/14378) in den Bundestag eingebracht. Dort wurde er am 15. Januar 2020 erstmals beraten und im Anschluss an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen. Dort fand am 12. Februar 2020 eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Der Gesetzentwurf des Bundesrates traf bei den Sachverständigen auf ein geteiltes Echo. Prof. Dr. Jörg Eisele und Prof. Dr. Martin Heger befürworteten den Vorstoß und machten unter anderem den Vorschlag, die Tathandlungen auf tatsächlich strafwürdige Fälle zu beschränken.  Prof. Dr. Diethelm Klesczewski und Rechtsanwältin Nadija Samour lehnten den Gesetzentwurf ab. Bei dem typischen Anwendungsbereich der Verunglimpfung handle es sich um klassisches Ordnungswidrigkeitenrecht. Eine Ausweitung des Strafrechts sei daher nicht notwendig. Vielmehr biete es sich an, § 124 OWiG (Benutzung von Wappen und Dienstflaggen) zu ergänzen. Für eine Einstufung als Ordnungswidrigkeit sprach sich auch Univ.-Prof. i. R. Dr. Thomas Weigend aus. Dadurch sei es der Polizei bereits zur Verhinderung der Taten möglich, präventiv einzuschreiten. Nadija Samour betonte, dass mit dem Gesetzentwurf gleichzeitig der Grundrechtsschutz gefährdet werde und warnte davor, illiberalen Kräften ein Instrument an die Hand zu geben, mit denen politische Gegner verfolgt werden könnten. Schließlich müsse das zu schützende Grundrecht gegen die Meinungsäußerungs-, Kunst- und Versammlungsfreiheit abgewogen werden.  OStA Andreas Frank und Bundesanwalt beim BGH Kai Lohse befürworteten den Entwurf uneingeschränkt. Lohse erklärte, dass eine hinreichende Beachtung der Grundrechte im Einzelfall durchaus sichergestellt sei und es zudem im Ergebnis vielfach auf eine Straffreiheit hinauslaufen werde. 

Am 14. Mai 2020 hat der Bundestag den Gesetzentwurf des Bundesrates in der Fassung des Rechtsausschusses (BT Drs. 19/19201) in zweiter und dritter Lesung angenommen. Der Änderungsantrag der Fraktion der AfD (BT Drs. 19/19206), der die Strafvorschrift lediglich auf Verunglimpfung der Flaggen ausländischer Staaten beschränken sollte, wurde in zweiter Lesung mit den Stimmen der übrigen Fraktionen abgelehnt. Am 5. Juni 2020 billigte auch der Bundesrat den Gesetzesbeschluss des Bundestages. Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt. 

Das Gesetz wurde am 23. Juni 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am darauffolgenden Tag in Kraft.

 

 

 

Clankriminalität effektiv bekämpfen

Gesetzentwürfe: 

 

Die Fraktion der FDP hat einen Antrag zur effektiven Bekämpfung von Clankriminalität in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/11105). 

In den letzten Jahren seien vermehrt die Aktivitäten krimineller Familienclans in den Fokus gerückt. Welchen Umfang die Straftaten bundesweit einnehmen, sei bislang nicht geklärt. Daher sei eine Erfassung in einem eigenen Lagebild, der PKS oder in einem periodischen Sicherheitsbericht erforderlich. Dies verdeutliche das Lagebild des LKA NRW für das Jahr 2018. In NRW wurden in den Jahren 2016 bis 2018 insgesamt 6.449 Tatverdächtige und 14.225 Straftaten im Bereich Clankriminalität erfasst. Dabei ist der Begriff Clankriminalität kriminalistisch nicht einheitlich definiert. „Clankriminalität zeichnet sich jedoch durch eine patriarchalisch geprägte Familienstruktur, mangelnde Integration in Verbindung mit räumlicher Konzentration, Eskalationstendenz und eine Ablehnung des Rechtsstaates und seiner Vertreter aus.“ Die FDP fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf:

  1. „in Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden der Länder eine gemeinsame bundeseinheitliche Strategie zur effektiven Bekämpfung der Clankriminalität zu entwickeln. Das Bundeskriminalamt soll dabei als Zentralstelle für die Koordinierung der Ermittlungen gegen Angehörige krimineller Familienclans dienen und die Vernetzung der Clans in andere EU-Mitgliedstaaten und in Drittstaaten aufklären;“ (…)

  2. „gemeinsam mit den Regierungen der Länder eine bundesweit einheitliche Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten im Umgang mit Angehörigen krimineller Familienclans sicherzustellen, die auf den Erkenntnissen der bisher besonders mit dem Phänomen befassten Ermittlungsbehörden beruht und die Beamtinnen und Beamten in die Lage versetzt, die kriminellen Strukturen zu erkennen, kriminelle Geschäftsfelder einzudämmen und mit szenetypischen Gewaltandrohungen und Tumultlagen souverän umzugehen;

  3. ein jährliches Bundeslagebild Clankriminalität nach dem Vorbild des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen durch das Bundeskriminalamt erstellen zu lassen;“ (…)

  4. „darauf hinzuwirken, dass die durch Clanangehörige betrügerisch erlangten Aufenthaltstitel durch die zuständigen Ausländerbehörden der Länder und Kommunen aberkannt werden und die Ausreise krimineller Clanmitglieder – soweit die ausländerrechtliche Situation dies ermöglicht – durch die Länder bevorzugt vollzogen wird;“ (…) 

  5. „eine gerichtsfeste Regelung für Kindeswohlgefährdung durch das Aufwachsen in Familien, die von kriminellen Clanstrukturen dominiert werden, zu schaffen, die es den Jugendämtern erlaubt, nötigenfalls Kinder aus den Familien zu nehmen, um deren Recht auf eine gewaltfreie Kindheit frei von Kri- minalität zu wahren;

  6. die Möglichkeiten für Staatsanwaltschaften, im Rahmen einer Verfolgungsrückstellung von der Strafverfolgung unbedeutenderer Straftaten abzusehen, um nicht den Erfolg umfangreicherer Ermittlungen zu gefährden;“ (…)

  1. „in Zusammenarbeit mit den Ländern auf eine strengere Kontrolle von islamischen Verbänden und Moscheegemeinschaften im Hinblick auf den Einsatz sogenannter „Friedensrichter“ hinzuwirken, die sicherstellt, dass von den durch diese Institutionen angebotenen außergerichtlichen Streitbeilegungen keine Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols und des staatlichen Strafverfolgungsanspruchs oder eine Beeinträchtigung der Beweissituation in Strafverfahren ausgeht;

  2. in Zusammenarbeit mit den Ländern darauf hinzuwirken, dass bundesweit Aussteigerprogramme für Angehörige krimineller Familienclans zur Verfügung stehen.“ (…) 

Die Fraktion der AfD brachte ebenfalls einen Antrag zum „konsequente[n] Vorgehen gegen kriminelle Clanfamilien zum Schutz von Bürgern und Rechtsstaat“ in den Bundestag ein (BT Drs. 19/11121).
 

Die Fraktion fordert von der Bundesregierung, dass Informationen über Strukturen und Tätigkeiten krimineller Clanfamilien sowohl von der Polizei, als auch von den verschiedenen Verfassungsschutzämtern gesammelt werden sollen. Personenumfang und kriminelles Verhalten der Mitglieder soll statistisch erfasst und in einem eigenständigen Lagebild veröffentlicht werden. Weiterhin soll die Zusammenarbeit der internationalen Polizeibehörden intensiviert und verschiedene Mitarbeiter von Justiz und Polizei anonym nach Bedrohungen oder Einflussnahmen befragt werden.

Auch sollen die „datenschutzrechtlichen, technischen und personellen Voraussetzungen“ geschaffen werden, „um Daten über kriminelle Mitglieder von Clanfamilien von verschiedenen Behörden zusammenzuführen und zentral zu erfassen“. Die Clanzugehörigkeit soll auch in den „relevanten polizeilichen Datenbanken“ erfasst werden.

Zusätzlich fordert die Fraktion von der Bundesregierung die Einrichtung einer speziellen Ermittlungsgruppe beim BKA, die Schaffung eines anonymen Hinweissystems auf Clanstraftaten, eine Verbesserung der Ausstattung der Polizei- und Justizbehörden um Massen- und Kommunikationsdaten auswerten zu können, sowie gesetzliche Regelungen zur Einführung einer Meldepflicht für Notare bei Verdacht auf Geldwäsche.

Abschließend plädiert die AfD dafür, dass Geldmittel aus der Vermögensabschöpfung zur Finanzierung der Strafverfolgung und Opferentschädigung verwendet werden können sollen und fordert die „Einführung von gesetzlichen Regelungen zur Erleichterung der Ausweisung krimineller Clanmitglieder, der Verhinderung der Einbürgerung von kriminellen Mitgliedern von Clans und der Rücknahme ihrer Einbürgerung“.

Beide Anträge wurden am 27. Juni 2019 im Bundestag vorgestellt und zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. 

 

 

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