Hier finden Sie alle Beiträge des KriPoZ-RechtsprechungsReports aus dem Jahr 2020. Die aktuellen Beiträge finden Sie hier.
Die Hemmung der Unterbrechungsfristen nach § 229 Abs. 1 und Abs. 2 StPO kann bei wiederholter Erkrankung einer oder mehrerer der in § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO genannten Personen grundsätzlich mehrmals eintreten. Ausreichend ist, wenn zwischen zwei Unterbrechungen nach § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO mindestens an einem Tag verhandelt worden ist. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 92/ 2020
BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – 4 StR 431/20: Corona-Hemmungsgrund des § 10 Abs. 1 Satz 1 EGStPO
Zur Anwendbarkeit des Hemmungsgrundes des § 10 Abs. 1 Satz 1 EGStPO bei ärztlich angeratener Kontaktvermeidung eines Prozessbeteiligten zum Schutz von dessen Ehegatten vor einer Ansteckung durch das SARS-CoV-2-Virus. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 91/2020
BGH, Beschl. v. 18.11.2020 – 4 StR 35/20: Falsche Schlüssel vergisst man leicht
Ein bei dem Berechtigten in Vergessenheit geratener Schlüssel ist kein falscher Schlüssel im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 90/2020
Zum Datenaustausch zwischen Polizeibehörden und den Geheimdiensten und der Möglichkeit zur automatisierten Auswertung von Daten zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse (sog. Data-mining). ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 89/2020
Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen sind dahin auszulegen, dass unter die Begriffe „Justizbehörde“ und „Anordnungsbehörde“ im Sinne dieser Bestimmungen der Staatsanwalt eines Mitgliedstaats oder ganz allgemein die Staatsanwaltschaft eines Mitgliedstaats fällt, unabhängig davon, ob zwischen diesem Staatsanwalt oder dieser Staatsanwaltschaft und der Exekutive dieses Mitgliedstaats möglicherweise ein rechtliches Unterordnungsverhältnis besteht und dieser Staatsanwalt oder diese Staatsanwaltschaft der Gefahr ausgesetzt ist, im Rahmen des Erlasses einer Europäischen Ermittlungsanordnung unmittelbar oder mittelbar Anordnungen oder Einzelweisungen seitens der Exekutive unterworfen zu werden. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 88/2020
BGH, Urt. v. 11.11.2020 – 5 StR 124/20: Heimtücke und niedrige Beweggründe
Schafft der Täter unter Ausnutzung der Arglosigkeit seines Opfers Bedingungen, die fortwirken und ihm die spätere Tötung erleichtern, kann dies Heimtücke begründen auch, wenn später nicht genau aufgeklärt werden kann, wie die eigentliche Tötung ablief. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 87/2020
BGH, Beschl. v. 16.10.2020 – 1 ARs 3/20: Zuständigkeitsstreit und Geheimdienste
Wird ein Verfahren von einem Gericht rechtskräftig an ein Gericht eines anderen Rechtswegs gem. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG verwiesen, entfaltet dies lediglich hinsichtlich der Bestimmung des Rechtswegs eine Bindungswirkung nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG. Innerhalb der zuständigen Gerichtsbarkeit tritt keine Bindung hinsichtlich der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit durch die Verweisung ein. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 86/2020
BGH, Urt. v. 19.08.2020 – 1 StR 474/19: Vorsatzanforderungen bei Verdeckungsmorden durch Unterlassen
Zum versuchten Verdeckungsmord durch Unterlassen nach Medikamentenverwechslung bei einem Palliativpatienten durch Pflegekräfte. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 85/2020
BGH, Beschl. v. 12.11.2020 – StB 34/20: Entscheidungszuständigkeit beim Pflichtverteidigerwechsel
Zur Entscheidung über den Pflichtverteidigerwechsel ist nach Anklageerhebung ausschließlich der Vorsitzende des erkennenden Gerichts zuständig; nicht erledigte Beschwerden gegen insoweit ergangene Beschlüsse des Ermittlungsrichters sind ihm deshalb zur weiteren Entscheidung vorzulegen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 84/2020
Unternimmt ein Vereinsvorstand nichts zur Entfernung eines Kennzeichens eines verbotenen Vereins von der eigenen Vereinsimmobilie, begründet dies keine strafrechtliche Garantenstellung, wenn der Vorstand das Kennzeichen weder selbst angefertigt, noch bei Anfertigung bereits in einer leitenden Position war. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 83/2020
Überschreitet ein Nichtarzt bei einer palliativmedizinischen Medikamentenverabreichung eigenmächtig den Rahmen der ärztlichen Anordnung, schließt das nicht per se eine Rechtfertigung aufgrund einer mutmaßlichen Einwilligung aus. Das Vorliegen einer solchen ist vielmehr im Wege einer Gesamtbetrachtung aller Umstände vom Tatgericht zu ermitteln. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 82/2020
Der qualifikationsspezifische Risikozusammenhang im Sinne des § 251 StGB wird nicht dadurch unterbrochen, dass die behandelnden Ärzte mit Blick auf eine wirksame Patientenverfügung in rechtmäßiger Weise von einer Weiterbehandlung des moribunden Raubopfers absehen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 81/2020
Bei einer körperlichen Durchsuchung mit vollständiger Entkleidung im Strafvollzug genügt ein Formblatt mit Ankreuzmöglichkeiten nicht, um eine genügende Ermessenausübung durch die Strafvollzugsbeamten zu dokumentieren. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 80/2020
BGH, Urt. v. 19.08.2020 – 5 StR 558/19: Zum ärztlichen Abrechnungsbetrug
Zum Abrechnungsbetrug im Fall eines medizinischen Versorgungszentrums bei unzulässiger Beteiligung eines Apothekers. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 79/2020
Eine sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB liegt vor, wenn die genannten Körperteile aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters in sexuell motivierter Weise im Blickfeld stehen. Hierfür sind die aus der Schrift (§ 11 Abs. 3 StGB) zu entnehmenden Umstände heranzuziehen; auf die daraus nicht ersichtlichen Beweggründe der die Wiedergabe erstellenden oder damit umgehenden Person kommt es nicht an. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 78/2020
Die Verjährung jeder Tat des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 StGB beginnt mit dem Verstreichen des Fälligkeitszeitpunktes für jeden Beitragsmonat nach § 23 Abs. 1 SGB IV. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 77/2020
Selbstaufnahmen des Tatopfers können Gegenstand der unbefugten Weitergabe im Sinne des § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB sein. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 76/2020
Die Anwendung des Strafrahmens gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG ist auch möglich, wenn der Mord nicht vollendet, sondern nur versucht ist.
Zum (Teil-)Verzicht eines Zeugen auf das Verwertungsverbot des § 252 StPO. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 75/2020
BGH, Beschl. v. 01.09.2020 – 3 StR 214/20: Nebenkläger können Freispruch erstreben
Die Befugnis, sich der erhobenen öffentlichen Klage mit der Nebenklage anzuschließen, entfällt nicht dadurch, dass der Nebenkläger in der Hauptverhandlung die Schuldfähigkeit (§ 20 StGB) oder die strafrechtliche Verantwortlichkeit (§ 3 JGG) des Angeklagten in Zweifel ziehende Anträge stellt und letztlich dessen Freispruch erstrebt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 74/2020
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung an, wonach ausschließlich die Strafrahmenuntergrenze des § 29a Abs. 1 BtMG eine Sperrwirkung entfaltet, die Strafrahmenobergrenze jedoch dem § 30a Abs. 3 BtMG zu entnehmen ist, wenn zwar ein minder schwerer Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG, nicht aber ein solcher gemäß § 29a Abs. 1 BtMG vorliegt; an seiner abweichenden Auffassung hält er nicht mehr fest (Aufgabe BGH, Beschlüsse vom 25. Juli 2013 – 3 StR 143/13; vom 3. Februar 2015 – 3 StR 632/14; Urteil vom 7. September 2017 – 3 StR 278/17). ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 73/2020
Art. 27 Abs. 2 und 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der in Abs. 2 dieses Artikels aufgestellte Grundsatz der Spezialität einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme gegenüber einer Person, gegen die ein erster Europäischer Haftbefehl ergangen ist, wegen einer anderen und früheren Handlung als derjenigen, die ihrer Übergabe in Vollstreckung dieses Haftbefehls zugrunde liegt, nicht entgegensteht, wenn diese Person das Hoheitsgebiet des Ausstellungsmitgliedstaats dieses ersten Haftbefehls freiwillig verlassen hat und dorthin in Vollstreckung eines zweiten, nach dieser Ausreise zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ausgestellten Europäischen Haftbefehls übergeben worden ist, sofern im Rahmen des zweiten Europäischen Haftbefehls die diesen vollstreckende Justizbehörde ihre Zustimmung zur Ausweitung der Verfolgung auf die Handlung erteilt hat, derentwegen die fragliche freiheitsbeschränkende Maßnahme verhängt worden ist. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 72/2020
BGH, Beschl. v. 04.08.2020 – 3 StR 132/20: Zur Zwangsprostitution nach § 232a StGB
Der Täter veranlasst eine zur weiteren Ausübung der Prostitution bereite Person im Sinne des § 232a Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Fortsetzung derselben, wenn er sie entgegen ihrem Willen zu einer qualitativ intensiveren oder quantitativ wesentlich umfangreicheren Form der Ausübung bewegt oder von einer weniger intensiven bzw. wesentlich weniger umfangreichen Form abhält. Und zum Merkmal der List in § 232a Abs. 3 StGB. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 71/2020
Das nochmalige Unterbreiten eines Verständigungsvorschlags ist für sich genommen ebenso wenig geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen, wie das Festhalten an der im Verständigungsvorschlag genannten Strafhöhe bei Scheitern der Verständigung und einem dennoch geständigen Angeklagten. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 70/2020
Auf die fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung des Opfers darf das Tatgericht nicht schon allein aufgrund des Alters des Opfers unter 16 Jahren oder des Altersunterschieds zum Täter schließen. Erforderlich ist eine Gesamtbetrachtung der Umstände im jeweiligen Einzelfall. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 69/2020
Für die Qualifikation des § 18 Abs. 7 Nr. 1 AWG ist nicht zu verlangen, dass das Tun des Täters zu einer funktionellen Eingliederung in die Ausforschungsbemühungen des Geheimdienstes einer fremden Macht führt. Ausreichend ist jedenfalls, wenn sich die Tat als Ausfluss der Einbindung des Täters lediglich in die geheimdienstliche Beschaffungsstruktur darstellt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 68/2020
Auf die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung eines weiteren Verteidigers prüft das Beschwerdegericht, ob der Vorsitzende des Erstgerichts die Grenzen seines Beurteilungsspielraums zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 StPO eingehalten und sein Entscheidungsermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Es kann die Beurteilung des Vorsitzenden, dass die Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens die Beiordnung nicht erfordert, nur dann beanstanden, wenn sie sich nicht mehr im Rahmen des Vertretbaren hält. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 67/2020
Ist der Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 StGB erfüllt, scheidet eine tateinheitliche Verurteilung wegen Versuch des Regelbeispiels des § 177 Abs. 6 Nr. 1 StGB (Vergewaltigung) aus. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 66/2020
BGH, Beschl. v. 18.08.2020 – StB 25/20: Kein Beschwerderecht gegen Pflichtverteidigerbestellung
Einem Pflichtverteidiger steht gegen die Aufhebung seiner Bestellung kein eigenes Beschwerderecht zu. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 65/2020
Der Begriff der schutzlosen Lage ist rein objektiv zu bestimmen; einer subjektiven Zwangswirkung der Schutzlosigkeit auf das Tatopfer bedarf es nicht.
Zum Begriff des „Ausnutzens“ im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 64/2020
Auch durch Vorlage der Kopie oder durch elektronische Übersendung des Bildes eines echten Ausweises zur Identitätstäuschung kann ein Ausweispapier im Sinne von § 281 Abs. 1 S. 1 StGB zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht werden. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 63/2020
BGH, Beschl. v. 27.05.2020 – 1 StR 118/20: Analoge Anwendung des § 306e Abs. 1 StGB
§ 306e Abs. 1 StGB ist auf die Qualifikation des § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB analog anzuwenden, wenn der Täter – anstatt den Brand zu löschen – die (konkrete) Lebensgefahr für das Opfer freiwillig durch anderweitige Rettungshandlungen beseitigt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 62/2020
Der im Jahr 2015 geänderte § 46 Abs. 2 S. 2 StGB gebietet es, antisemitische Beweggründe und Ziele als strafzumessungsrelevante Umstände in der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 61/2020
BVerfG, Beschl. v. 05.08.2020 – 2 BvR 1985/19: Containern bleibt strafbar
Eine Verurteilung wegen Diebstahls aufgrund des sog. Containerns verstößt nicht gegen die Ultima-Ratio-Funktion des Strafrechts. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 60/2020
Das Verbot des Verwendens von Kennzeichen verbotener Vereine stellt zwar einen erheblichen Eingriff in die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) dar, ist jedoch verfassungsrechtlich zu rechtfertigen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 59/2020
KG Berlin, Beschl. v. 27.07.2020 – 4 Ss 58/20: Strafbarkeit des sog. Stealthing
Das sog. Stealthing erfüllt jedenfalls dann den Tatbestand des sexuellen Übergriffs gemäß § 177 Abs. 1 StGB, wenn der Täter das Opfer nicht nur gegen dessen Willen in ungeschützter Form penetriert, sondern im weiteren Verlauf des ungeschützten Geschlechtsverkehrs darüber hinaus in den Körper des bzw. der Geschädigten ejakuliert. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 58/2020
BGH, Beschl. v. 28.07.2020 – 6 StR 114/20: Zur Zwischenfrist des § 229 Abs. 1 StPO
Die Drei-Wochen-Frist des § 229 Abs. 1 StPO beträgt als eigenständige Zwischenfrist 21 Tage. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 57/2020
BGH, Beschl. v. 28.05.2020 – 3 StR 364/19: Zur Einziehung von Wertersatz ggü. Tatbeteiligten
Die Einziehung von Wertersatz gegenüber dem Tatbeteiligten ist auch dann zulässig, wenn bei dem Drittbegünstigten die Einziehung des aus der Tat erlangten Gegenstands in Betracht kommt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 56/2020
Der Ausgleich für die fehlende Möglichkeit einer Gesamtstrafenbildung mit einer (noch nicht vollständig vollstreckten) EU-ausländischen Strafe ist im Falle der Verhängung einer zeitigen Freiheitsstrafe bei der Strafzumessung konkret – durch eine Bezifferung des Nachteils – vorzunehmen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 55/2020
Die Entscheidung des Tatgerichts über eine Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung nach der Vollstreckungslösung kann im Revisionsverfahren entweder mit der Sach- oder der Verfahrensrüge anzufechten sein.
Die Statthaftigkeit der Rüge richtet sich nach der Stufe der Kompensationsentscheidung auf der der Revisionsführer einen Rechtsfehler annimmt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 54/2020
BGH, Urt. v. 24.06.2020 – 5 StR 671/19: Richtlinienkonforme Auslegung des § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG
Zum Begriff der dauerhaft genutzten Privatwohnung im Sinne des § 244 Abs. 4 StGB und zum Einfluss der Rückführungsrichtlinie auf die Strafbarkeit des unerlaubten Aufenthalts nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 53/2020
Als statthafte Rechtsbehelfe gegen einen amtsgerichtlichen Beschluss im selbstständigen Einziehungsverfahren nach erfolgter Urteilsaufhebung und Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht kommen die Rechtsbeschwerde oder die sofortige Beschwerde in Betracht. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 52/2020
BGH, Beschl. v. 10.03.2020 – 4 StR 624/19: Vergewaltigung per Chat
Für die Annahme einer Vergewaltigung ist es ausreichend, dass das Opfer die sexuellen Handlungen an sich selbst vornimmt; eine gleichzeitige Anwesenheit des Täters ist nicht erforderlich. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 51/2020
Die Regelungen zur allgemeinen Bestandsdatenauskunft enthalten keine begrenzenden Eingriffsschwellen und sind daher nicht verhältnismäßig. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 50/2020
Der für eine Strafbarkeit wegen Zuwiderhandlung gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot erforderliche mindestens bedingte Vorsatz muss sich auf die Existenz des gegen den ausländischen Verein verfügten vollziehbaren Verbots erstrecken. Dies setzt voraus, dass der Täter – zumindest in laienhafter Parallelwertung – eine hinreichend deutliche Vorstellung davon hat. Der Irrtum über das Bestehen des Verbots ist daher Tatbestandsirrtum, nicht Verbotsirrtum. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 49/2020
In Bezug auf Äußerungen über den Nationalsozialismus gelten die normalen Anforderungen an einschränkende Gesetze i.S.d. Art. 5 Abs. 2 GG. Die in der Wunsiedel-Entscheidung eingeführte Ausnahme vom Allgemeinheitserfordernis betrifft nur die formelle Ebene eines Straftatbestands, der eine bestimmte Meinung unter Strafe stellt. Eine konkrete Meinungsäußerung adressiert die Ausnahme nicht. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 48/2020
Bei der unverpixelten Weitergabe eines Fotos an eine Presseredaktion mit dem Ziel einer späteren Veröffentlichung trifft den Fotografen keine strafrechtliche Verantwortung für etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzungen, wenn er der Redaktion alle für eine Unkenntlichmachung relevanten Umstände mitgeteilt hat. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 47/2020
Wer sein argloses Opfer in Tötungsabsicht in eine Falle lockt und es dadurch in eine andauernde wehrlose Lage bringt, tötet auch dann heimtückisch, wenn er die durch die Arglosigkeit herbeigeführte Wehrlosigkeit tatplangemäß vor der Umsetzung seines Tötungsvorhabens zu einem Raub oder einer räuberischen Erpressung ausnutzt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 46/2020
BGH, Beschl. v. 11.06.2020 – 5 StR 157/20: Konkurrenzen bei §§ 113, 114, 223 StGB
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte und versuchte Körperverletzung können zueinander im Verhältnis der Tateinheit stehen; Gesetzeskonkurrenz besteht nicht. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 45/2020
Der 5. Strafsenat hat nach der Antwort des 1. Senats entschieden, den Großen Strafsenat des BGH zu fragen, ob der Angeklagte nach § 265 Abs. 1 StPO oder § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auf eine mögliche Einziehung des Wertes von Taterträgen hinzuweisen ist, wenn die Anknüpfungstatsachen bereits in der Anklageschrift enthalten sind. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 44/2020
Der Versuch, durch ein Tötungsdelikt die eigene Inhaftierung mit dem Ziel der staatlichen Versorgung zu erreichen, kann das Mordmerkmal der Habgier begründen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 43/2020
Das anlasslose ruckartige Abbremsen eines Fahrzeugs, das zum Auffahren eines dahinter fahrenden Polizeiwagens führt, stellt wahrscheinlich einen tätlichen Angriff i.S.d. § 114 Abs. 1 StGB dar. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 42/2020
Bei einer Verurteilung wegen Beleidigung sind die Meinungsfreiheit des Angeklagten und das Persönlichkeitsrecht des Opfers gegeneinander abzuwägen, wenn keine der eng umgrenzten Ausnahmekonstellationen vorliegt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 41/2020
Ein extrem gefährliches und rücksichtsloses Fahrverhalten kann bei rechtsfehlerfreier Feststellung eines Tötungsvorsatzes eine Verurteilung wegen Mordes nach sich ziehen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 40/2020
Zweiter Senat widerspricht dem Vierten und Fünften Senat und hält das Merkmal des Gebrauchens in § 281 Abs. 1 S. 1 StGB nur durch Verwendung eines echten Ausweispapieres für erfüllbar. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 39/2020
BGH, Beschl. v. 26.02.2020 – 4 StR 347/19: Zur früheren Verurteilung i.S.d. § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB
Die „Verurteilung“ zu einer vorbehaltenen Geldstrafe durch einen Beschluss nach § 59b Abs. 1 StGB ist keine frühere Verurteilung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 38/2020
Maßgebliche Sachverhaltsumstände und höchstrichterlich noch nicht entschiedene komplexe Rechtsfragen dürfen nicht im summarischen Prozesskostenhilfeverfahren beurteilt werden, sondern führen bei unbemittelten Personen zu einem Anspruch auf Prozesskostenhilfe, um die Fragen in einem Hauptverfahren klären zu können. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 37/2020
Für das Verwenden eines Tatmittels bei § 250 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB genügt es, dass der Täter den Einsatz des mitgeführten Tatmittels akustisch androht und das Opfer auch ohne das Tatmittel zu erkennen davon ausgeht, dass der Täter es einsetzen könnte. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 36/2020
Handelt der Täter ohne behördliche Erlaubnis, so kommt es für die Erfüllung des Tatbestands des § 284 Abs. 1 StGB nicht darauf an, ob sein Vorhaben materiellrechtlich genehmigungsfähig ist. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 35/2020
Der Angeklagte hat grundsätzlich keinen Anspruch auf schriftliche Übersetzung eines nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen Strafurteils, wenn er verteidigt ist, er und sein Verteidiger bei der Urteilsverkündung anwesend waren und dem Angeklagten die Urteilsgründe durch einen Dolmetscher mündlich übersetzt worden sind.
Ein berechtigtes Interesse des Angeklagten an einer schriftlichen Übersetzung des Urteils wird nicht allein dadurch begründet, dass nach der Urteilsverkündung kein Kontakt zwischen ihm und seinem Verteidiger bestand. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 34/2020
Eine ärztliche Behandlung, die der Täter ohne Approbation vornimmt, kann nach den von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Maßstäben eine sexuelle Handlung im Sinne des § 184h Nr. 1 StGB sein, auch wenn die Behandlung medizinisch indiziert war und für sich genommen lege artis vorgenommen wurde.
Eine Person unter sechzehn Jahren kann dem Täter im Rahmen eines Schülerpraktikums anvertraut im Sinne des § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB sein.
Ein Behandlungsverhältnis gemäß § 174c Abs. 1 StGB setzt keine Approbation des Täters voraus. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 33/2020
Stellt ein Beamter, dem insoweit zumindest die Möglichkeit der Einflussnahme zu Gebote steht, die Förderung der Karriere einer Bediensteten bei der Stellenbesetzung gegen sexuelle Gunstgewährung in Aussicht, so erfüllt dies den Tatbestand der Bestechlichkeit auch dann, wenn die konkrete Art der Förderung im Unbestimmten bleibt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 32/2020
1. Eine gerichtliche Überprüfung der Frage, ob die Gewährung einer vollzugsöffnenden Maßnahme sorgfaltswidrig war, hat den der Vollzugsbehörde zustehenden Beurteilungsspielraum und das ihr eingeräumte Ermessen zu berücksichtigen und die getroffene Entscheidung bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen.
2. Gewährte Vollzugslockerungen und hierzu erteilte Weisungen sind im Allgemeinen stichprobenartig auf ihr Einhaltung zu überprüfen. Frequenz, Art und Ausmaß solcher Kontrollen unterliegen als Annex zur getroffenen Prognoseentscheidung demselben Beurteilungs- und Ermessensspielraum wie die Grundentscheidung über die Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen.
3. Zur Vorhersehbarkeit im Sinne des Fahrlässigkeitstatbestandes bei komplexen Geschehensabläufen, insbesondere bei selbst- und fremdgefährdendem Verhalten eines Dritten. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 31/2020
BGH, Beschl. v. 07.04.2020 – 3 StR 90/20: Ruhen der Verjährungsfrist bei Sexualdelikten
Das Ruhen der Verjährung bei Sexualdelikten gem. § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB richtet sich einzig und allein nach der Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers und muss nicht teleologisch reduziert werden. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 30/2020
BGH, Beschl. v. 28.04.2020 – 5 StR 15/20: Zum Versuchsbeginn beim Einbruchdiebstahl
Versuchsbeginn beim Einbruchdiebstahl. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 29/2020
BGH, Beschl. v. 14.04.2020 – 5 StR 37/20: Amtsanmaßung ist kein eigenhändiges Delikt
Bei einer Tat nach § 132 Alt. 1 StGB ist eine Begehung in Mittäterschaft möglich; es handelt sich nicht um ein „eigenhändiges Delikt“. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 28/2020
Auch nach dem Tod der Bewohner behält ein abgeschlossener und überdachter Raum, der weiterhin voll funktionstüchtig als Unterkunft von Menschen dienen kann, seine Eigenschaft als Wohnung i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 27/2020
Führt der Täter den Erbfall durch ein Tötungsdelikt herbei, kann der ihm durch seine Erbenstellung zufallende Nachlass nicht nach den §§ 73 ff. StGB eingezogen werden, da vorrangig und abschließend §§ 2339 Abs. 1 Nr. 1, 2340 ff. BGB zur Anwendung kommen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 26/2020
BGH, Beschl. v. 05.02.2020 – 3 StR 565/19: Vorwegvollzug bei Freiheitsstrafe über drei Jahren
Ordnet das Tatgericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an und verhängt eine zeitige Freiheitsstrafe von über drei Jahren, so richtet sich die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe stets nach § 67 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StGB; für die Anwendung des § 67 Abs. 2 Satz 1 StGB ist daneben kein Raum. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 25/2020
BGH, Beschl. v. 14.01.2020 – 4 StR 397/19: Versuchsbeginn bei Qualifikationstatbeständen
Sollen keine weiteren wesentlichen Zwischenakte bis zur Tatbestandsverwirklichung mehr erfolgen, liegt der Versuchsbeginn bei Qualifikationstatbeständen schon im Zeitpunkt der Erfüllung des qualifizierenden Merkmals. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 24/2020
Die Richtlinie 2013/48/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs, insbesondere ihr Art. 3 Abs. 2, ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung in ihrer Auslegung durch die nationale Rechtsprechung entgegensteht, wonach die Inanspruchnahme des Rechts auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in der vorgerichtlichen Phase des Strafverfahrens aufgrund des Nichterscheinens des Verdächtigen bzw. der beschuldigten Person auf eine Ladung vor einen Untersuchungsrichter ausgesetzt werden kann, bis der nationale Haftbefehl gegen den Betroffenen vollzogen ist. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 23/2020
Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten ist dahin auszulegen, dass die vollstreckende Justizbehörde bei der Prüfung, ob die Straftat, wegen der ein Europäischer Haftbefehl ausgestellt worden ist, im Ausstellungsmitgliedstaat nach der Ausgestaltung in dessen Recht mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist, das Recht des Ausstellungsmitgliedstaats in der für die Handlungen, die zu der Rechtssache geführt haben, in deren Rahmen der Europäische Haftbefehl erlassen wurde, geltenden Fassung heranzuziehen hat. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 22/2020
Der Anwendungsbereich des § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB erfasst alle Verkehrsvorgänge, bei denen sich Fahrzeuge derart im Straßenverkehr begegnen, dass es der Verordnungsgeber für erforderlich hielt, eine Vorfahrtsregelung zu erlassen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 21/2020
Weicht das verkündete Urteil laut Hauptverhandlungsprotokoll von der späteren schriftlichen Urteilsurkunde ab, stellt dies einen Rechtsfehler dar, der von Amts wegen zu prüfen ist und nicht mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden muss. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 20/2020
Das Revisionsgericht hat auf eine unbeschränkt eingelegte und auch sonst zulässige Revision die vorinstanzlich angeordneten Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel ohne die Beschränkung in § 55 Abs. 1 Satz 1 JGG auch dann auf Rechtsfehler zu überprüfen, wenn es den Schuldspruch unangetastet lässt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 19/2020
Die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung einer Restjugendstrafe ist auch dann nach § 88 JGG zu treffen, wenn die Jugendstrafe gemäß § 89b JGG nach den Vorschriften des Strafvollzuges für Erwachsene vollzogen wird und ihre Vollstreckung gemäß § 85 Abs. 6 Satz 1 JGG an die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Vollstreckungsbehörde abgegeben worden ist. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 18/2020
BGH, Beschl. v. 28.01.2020 – 4 StR 303/19: Keine teleologische Reduktion des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG
Zur Ablehnung einer teleologischen Reduktion des Tatbestands des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 17/2020
BVerfG, Urt. v. 26.02.2020 – 2 BvR 2347/15: Verfassungswidrigkeit des § 217 StGB
§ 217 StGB ist verfassungswidrig, da es den einzelnen Suizidenten in seinem Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben als Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 16/2020
Der Beschluss, mit dem nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO über den auf die Höhe der Tagessätze einer festgesetzten Geldstrafe beschränkten Einspruch des Angeklagten gegen einen Strafbefehl entschieden wird, ist die für die mögliche Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe maßgebliche letzte tatgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 55 Abs. 1 StGB. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 15/2020
Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafsachen stehen einer nationalen Regelung, die das Anwesenheitsrecht des Angeklagten in der Hauptverhandlung beschränkt, nicht entgegen, wenn bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 14/2020
Auch durch Vorlage einer Kopie oder elektronische Übersendung des Bildes eines echten Ausweises kann ein Ausweispapier im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht werden. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 13/2020
BGH, Beschl. v. 26.11.2019 – 3 StR 485/19: Zum Verhältnis der §§ 211, 212 zu § 218 StGB
Die Strafbarkeit eines (zumindest) versuchten Tötungsdeliktes zum Nachteil der Mutter deckt nicht vollumfänglich den Unrechtsgehalt eines versuchten oder vollendeten Schwangerschaftsabbruch gegen ihren Willen ab. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 12/2020
BGH, Urt. v. 28.11.2019 – 3 StR 294/19: Zur Wertersatzeinziehung bei Zahlungen an eine Gesellschaft
Nutzt der Täter die durch seine rechtswidrigen Taten bereicherte Gesellschaft nur als formalen Mantel, ohne dass deren Vermögenssphäre von seiner eigenen getrennt ist, oder leitet die Gesellschaft die Erträge aus den Taten stets zeitnah an den Täter weiter, so erlangt er selbst im Sinne des §73 Abs.1 StGB die betreffenden Vermögenwerte bereits dann, wenn sie der Gesellschaft zufließen.
Unabhängig von einer solchen Zurechnung der bei der drittbegünstigten Gesellschaft eingetretenen Vermögensmehrung aufgrund faktischer Verschmelzung der Vermögensmassen kann der Täter etwas durch die Tat erlangen, soweit die Gesellschaft die inkriminierten Vermögenswerte nachfolgend -ganz oder teilweise- an ihn weiterleitet und sie ihm auf diese Weise persönlich zufließen.
Lag einem solchen Vermögenstransfer ein nicht bemakelter Vertrag zugrunde, der mit der Straftat in keinem Zusammenhang stand, so ist die (Wertersatz-) Einziehung regelmäßig ausgeschlossen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 11/2020
Bestehen begründete Zweifel an einem psychiatrischen Gutachten, kann die Staatsanwaltschaft im Einzelfall aufgrund des Rechts auf effektive Strafverfolgung verpflichtet sein, ein Ergänzungsgutachten einzuholen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 10/2020
Ein als Flüchtlingsunterkunft genutztes Gebäude ist teilweise zerstört im Sinne des § 306a Abs. 1 StGB, wenn ein dem Bewohner der Unterkunft zu Wohnzwecken zur Verfügung gestelltes Zimmer brandbedingt für beträchtliche Zeit unbewohnbar wird. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 09/2020
Die neue Fassung des § 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB spricht dafür, dass bei Taten vor dem 1. Januar 2017 nur solche fremden Verhältnisse vom Tatbestand umfasst sind, die dem Amtsträger bestimmungsgemäß in seiner Eigenschaft als solcher bekannt geworden sind. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 08/2020
Die verkürzte Steuer ist als ersparte Aufwendung ein erlangtes Etwas nach § 73 Abs. 1 StGB, wenn ein Vermögensvorteil beim Täter verblieben ist. Dies ist bei allen Verbrauch- und Warensteuern der Fall, wenn der Täter durch das Inverkehrbringen einen Vermögenszuwachs erzielt. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 07/2020
Ein Entscheidungsträger handelt im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht stets pflichtwidrig, wenn er nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots wählt. Beim Unterlassen eines Preisvergleichs oder einer Ausschreibung kommt eine Strafbarkeit nur bei evidenten und schwerwiegenden Pflichtverstößen in Betracht. Ein Vermögensnachteil kann bei der Haushaltsuntreue auch nach den Grundsätzen des persönlichen Schadenseinschlags eintreten. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 06/2020
Unterlässt es ein Gericht, die durch eine Fixierung entstandenen Tatfolgen gewissenhaft aufzuklären, um eine staatsanwaltschaftliche Einstellung gemäß § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO zu überprüfen, verletzt es damit den Anspruch auf effektive Strafverfolgung des Fixierten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 05/2020
§ 6a Abs. 2 Satz 1 AMG ist trotz der Verweisung auf den Anhang des Übereinkommens gegen Doping nicht verfassungswidrig. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 04/2020
Bei Taten gemäß § 266a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Verstreichenlassen des Fälligkeitszeitpunktes zu laufen. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 03/2020
Handelt der Gehilfe einer Hehlerei gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, macht er sich auch dann wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Bandenhehlerei strafbar, wenn der von ihm unterstützte Haupttäter diese besonderen persönlichen Merkmale nicht erfüllt. Das gilt entsprechend für die Beihilfe zur banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 02/2020
Anstiftungshandlungen, die auf eine Verbringung von mit Verbrauchsteuern belasteten Waren gerichtet sind, an denen der Täter eine Steuerhehlerei begeht, sind regelmäßig nicht als Anstiftung zur Steuerhinterziehung strafbar; im Verhältnis zur Steuerhehlerei stellt sich die Anstiftung zur Steuerhinterziehung als mitbestrafte Vortat dar. ⇒ KriPoZ-RR, Beitrag 01/2020